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Urheberrecht

Text- und Bildgeneratoren werden mit riesigen Datenmengen trainiert und diese Daten bilden die Grundlage für jede Antwort und jedes generierte Bild. Das wirft zwangsläufig die Frage auf, wie es um das Urheberrecht bei dieser Datenverarbeitung steht. Dabei gibt es zwei Aspekte zu berücksichtigen: Urheberrechtsprobleme bei den Trainingsdaten und daraus resultierende Haftungsfragen bei der Generierung von Texten und Bildern anhand dieser Daten; und die Frage des Urheberrechts an von KI generierten Texten und Bildern.

Urheberrecht und Trainingsdaten

Damit eine KI lernen kann, Texte zu schreiben oder Bilder zu generieren, benötigt sie als Trainingsgrundlage grosse Mengen an Daten. Diese Daten können Texte, Bilder, Musikstücke und vieles mehr umfassen. Hier stossen wir auf ein grundlegendes Problem: Oft sind diese Daten urheberrechtlich geschützt. Das bedeutet, dass die Person, die das Original erstellt hat, bestimmte exklusive Rechte besitzt, insbesondere das Recht, zu entscheiden, wie und ob ihre Werke verwendet werden dürfen.
Wenn nun ein KI-Unternehmen solche geschützten Inhalte ohne Erlaubnis als Trainingsdaten nutzt, stellt dies in der Regel eine Urheberrechtsverletzung dar, sofern die Werke nicht über eine entsprechende Lizenz freigegeben wurden oder das Urheberrecht abgelaufen ist (in der Schweiz 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers oder der Urheberin). Es wird aktuell kontrovers diskutiert, inwieweit die Benutzung solcher Daten für das Training von KI-Systemen unter bestimmten Umständen als «fair use» dennoch erlaubt sein könnte. In der Schweiz kann dies der Fall sein, weil der Gebrauch zu bestimmten Zwecken wie Forschung oder für Privatkopien geduldet wird, aber die Frage ist schlicht noch nicht abschliessend gerichtlich geklärt.
Was die Haftung betrifft, so könnten Nutzende der KI, die auf dieses Training aufbaut, theoretisch haftbar gemacht werden, wenn sie wissentlich Inhalte nutzen, die unter Verletzung des Urheberrechts erstellt wurden. Allerdings ist die Rechtslage vielschichtig und es kommt stark auf den Einzelfall an, insbesondere darauf, wie aktiv der oder die Nutzende an der Erzeugung der Inhalte beteiligt war und ob er oder sie Kenntnis von möglichen Rechtsverletzungen hatte.

Urheberrecht an von KI generierten Inhalten

Im Kern dreht sich hier alles um den Begriff der «persönlichen geistigen Schöpfung». Das Schweizer Urheberrechtsgesetz schützt Werke, die eine solche persönliche geistige Schöpfung darstellen. Es geht also um Kreativität und Individualität, die typischerweise nur Menschen zugeschrieben wird.
Da KI-Systeme nach aktuellem Verständnis keine juristischen Personen sind und keine eigene geistige Schöpfung im Rechtssinne leisten können, können sie keine Urheber im Sinne des Gesetzes sein. Folglich kann ein von einer KI erstelltes Werk als solches nicht urheberrechtlich geschützt sein. Es sei denn, man könnte argumentieren, dass der menschliche Beitrag, der durch die Auswahl und das Prompting geleistet wurde, ausreicht, um das Endprodukt als persönliche geistige Schöpfung anzusehen. Massgebend sind dabei folgende Kriterien:
  1.  Schöpfungshöhe: Das Werk muss eine gewisse kreative Originalität aufweisen. Es darf nicht einfach eine mechanische oder banale Kopie sein, sondern sollte einen gewissen Grad an Originalität und Kreativität besitzen. Die meisten von KI generierten Werke erfüllen an sich dieses Kriterium, da sie in der Regel nicht einfach ihre Trainingsdaten reproduzieren.
  2. Individueller Charakter: Das Werk muss einen individuellen Charakter haben und die persönliche Note oder Handschrift des Urhebers oder Urheberin widerspiegeln. Es sollte sich von anderen Werken unterscheiden und eine gewisse Einzigartigkeit aufweisen. Hier spielt das Prompting eine massgebende Rolle. Der Mensch kann mit der KI als Werkzeug durchaus ein Werk schaffen, das individuellen Charakter besitzt.
  3. Ein bestimmtes Werkformat: Das Urheberrecht schützt bestimmte Arten von Werken wie literarische, musikalische, bildende, audiovisuelle oder architektonische Werke. Das Werk muss in einem dieser Formate vorliegen, um urheberrechtlich geschützt zu sein. Dies betrifft auch Software, also auch von KI generierten Code.
Im Schweizer Urheberrecht ist diese Frage jedoch nicht abschliessend beantwortet und die Gesetze haben mit der rasanten Entwicklung der KI-Technologie bisher nicht Schritt gehalten. Die Frage, ob und wie KI-generierte Inhalte geschützt werden können, bleibt vorerst offen.

Was heisst das für mich?

Nutzende von KI-Tools müssen grundsätzlich keine Angst haben, dass sie für Urheberrechtsverletzungen belangt werden, sofern sie grundlegende Vorsichtsmassnahmen befolgen. Schon eine umgekehrte Bildsuche mit Google kann ausreichen, um sicherzustellen, dass ein generiertes Bild keine simple Kopie eines Werks darstellt. Ausserdem ist davon abzuraten, urheberrechtlich geschützte Figuren wie Mickey Mouse generieren zu lassen, um sie anschliessend im Internet zu verbreiten.
Wer mit KI Texte oder audiovisuelle Medien produziert, muss ausserdem davon ausgehen, dass er oder sie kein Urheberrecht daran besitzt, bis entsprechende Gesetze oder Urteile in dieser Frage juristisch Klarheit geschaffen haben. 

Zuletzt geändert: 09. Feb 2024, 09:47, [iris_leutert@stud.phzh.ch]


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